...und warum das für uns ein großes Problem war
💡 Wenn kluge Menschen plötzlich stören
Wir erzählen hier von einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung.
Der Name dieser Werkstatt klingt gut.
Er verspricht Hilfe und Unterstützung.
Zum Beispiel:
- Teilhabe am Leben,
- Entwicklung,
- und Förderung für jeden Menschen.
Aber bei uns war es anders.
In Wahrheit wurde dort oft etwas anderes gefördert:
Das Ego der Chefs.
Menschen, die etwas gut konnten, waren dort schnell verdächtig.
Zum Beispiel:
- Wenn sie mitdenken wollten,
- wenn sie sich auskannten,
- oder wenn sie nicht einfach nur geschwiegen haben.
Wer dann auch noch Fragen stellte –
und vielleicht sogar Beweise hatte –
galt als schwierig.
Oder als sogenannter „schwer förderbarer Problemfall“.
Das heißt so viel wie:
„Diese Person stört unser System. Die ist uns zu stark.“
📚 Wenn Fachwissen unerwünscht ist
In der Werkstatt gab es eine große Veränderung.
Man nennt so etwas: Umstrukturierung.
Es kam ein neuer Gruppenleiter.
Dieser Gruppenleiter redete oft laut.
Aber er erklärte wenig.
Seine Gespräche waren oft verwirrend.
Er hatte zwar eine starke Meinung – aber kaum gute Argumente.
Wenn wir über Fach-Themen sprechen wollten, sagte er oft:
„Hier wird das so gemacht, wie ich das sage.“
Das bedeutet: Es zählt nicht, was du weißt. Es zählt nur, wer der Chef ist.
So wurde aus Mitdenken ein Problem.
Und aus Mitreden wurde Stören.
🧩 Manche Menschen passen nicht ins System
Viele denken: Wenn jemand psychisch krank ist, dann kann er auch nicht gut denken.
Wir glauben: Genau das dachten auch manche in der Rheinwerkstatt Boppard.
Vielleicht hoffte man dort, dass wir einfach still sind. So wie es viele dort vielleicht gewohnt waren. Denn dann müsste man uns nichts erklären.
Aber das war bei uns nicht so.
Denn trotz unserer psychischen Erkrankung konnten wir zum Beispiel:
- gut mitdenken,
- genau beobachten und aufschreiben,
- und mit Erfahrung und Wissen unsere Meinung sagen.
Für manche waren wir wie Sand im Getriebe.
Wir passten nicht ins Bild. Also versuchte man, uns zu ignorieren oder uns klein zu machen.
🧹 Wenn gute Ideen stören
Was passiert, wenn Menschen in einer Werkstatt anfangen, eigene Ideen zu haben?
Wenn sie Fragen stellen, zum Beispiel:
- Was ist mit dem Urheberrecht?
- Was ist mit der Sicherheit am Arbeitsplatz?
- Was steht eigentlich in unseren Ziel-Vereinbarungen?
Dann wird es für manche unbequem.
Die Reaktion war bei uns so:
- Die Technik wurde reduziert.
- Gespräche wurden ersetzt durch Anweisungen.
- Mitbestimmung? Wurde einfach gestrichen.
Statt Förderung gab es Rückbau.
Statt Zusammenarbeit gab es Kontrolle.
💨 Wenn Wahrheit unsicher wird
In der Rheinwerkstatt hörten wir oft Sätze wie:
- „Das hast du dir nur eingebildet.“
- „Das hast du falsch verstanden.“
Diese Sätze können sehr verunsichern.
Wenn man sie oft hört, beginnt man irgendwann zu zweifeln:
- Habe ich das wirklich so erlebt?
- Ist meine Wahrnehmung falsch?
- Bin ich überempfindlich?
Heute wissen wir, wie das heißt:
👇🏼 Gaslighting
Damals fühlte es sich einfach nur verwirrend an.
Es war ein ständiges Gefühl, dass mit uns etwas nicht stimmt.
🗣️ Warum wir das alles erzählen
Wir erzählen diese Geschichte nicht aus Trotz.
Wir erzählen sie, weil sie wahr ist.
Und weil sie nicht nur uns passiert ist.
Sondern auch anderen Menschen.
Es gibt viele Einrichtungen wie Werkstätten oder andere Hilfs-Angebote.
Dort wird manchmal Macht mit Wissen verwechselt.
Und Menschen sollen sich anpassen, anstatt mitreden zu dürfen.
Unsere Geschichte klingt vielleicht wie ein Scherz.
Aber sie ist kein Scherz.
Sie ist echt.
Und wir erzählen sie,
damit andere Menschen ihre Stimme nicht verlieren.
Sondern sich trauen, zu sprechen.