Die Macht der Halbgebildeten

Satirische Comiczeichnung zur Kritik an Fachkompetenz und Leitungskultur in der Rheinwerkstatt Boppard

🎭 Eine tragikomische Reha-Revue in mehreren Akten

Akt I: Wenn Qualifikation zur Gefahr wird

Es war einmal eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Der Name versprach Teilhabe, Entwicklung und individuelle Förderung. Tatsächlich jedoch wurde dort eines besonders gefördert: das Ego der Leitungsebene.

Wer hier etwas konnte, war schnell verdächtig. Verdächtig, sich einzubringen. Verdächtig, über Fachwissen zu verfügen. Verdächtig, nicht zu schweigen.

Wer gar wagte, Fragen zu stellen – am besten noch mit Belegen! – galt als Querulant. Oder als „schwer förderbarer Problemfall“, was in der Werkstatt-Rhetorik in etwa so viel bedeutet wie: „Dieser Mensch bringt unser hierarchisches Gleichgewicht durcheinander.“

Akt II: Die neue Leitkultur – Halbwissen mit Haltung

Im Zuge der Umstrukturierung – oder wie wir sie intern nannten: Operation Kompetenzvermeidung – übernahm ein neuer Gruppenleiter das Ruder.

Ein Mann mit lauter Stimme, aber schwacher Argumentationsstruktur.

Seine Gespräche wirkten wie PowerPoint-Präsentationen ohne Inhalte. Wer dennoch versuchte, ein echtes Fachgespräch zu führen, wurde gestoppt mit dem Klassiker unter den rhetorischen Notbremsen: „Hier wird das so gemacht, wie ich das sage.“

Ah ja. Autonomie als Ausnahme, und Autorität als Prinzip. Willkommen in der kreativen Abwürgezone der 👉🏼 Werbetechnik.

Akt III: Wer aufrecht steht, stört die Sitzordnung

Psychische Erkrankungen gelten vielen immer noch als kognitive Einschränkung. – Das war wohl auch die Hoffnung in unserem Fall.

Denn wenn die Klientel brav nickt, muss man sich nicht erklären.

Blöd nur, wenn da plötzlich Menschen auftauchen, die trotz ihrer Diagnose:

  • analytisch denken,
  • systematisch dokumentieren,
  • mit Berufserfahrung, Bildung und gesundem Menschenverstand argumentieren.

Diese Menschen sind dann wie Sand im institutionellen Getriebe. Und werden behandelt wie solcher: wegkehren, übersehen, möglichst nicht drüber reden.

Akt IV: Der Rückbau als Konzept

Was tut man mit einer Abteilung, in der die Klienten anfangen, eigene Ideen zu entwickeln? In der Fragen nach Urheberrecht, Sicherheitsstandards oder Zielvereinbarungen gestellt werden?

Richtig. Man räumt auf. Oder besser: ab.

  • Technische Ausstattung? ⇨ Reduziert.
  • Fachliche Diskussionen? ⇨ Ersetzt durch Ansagen.
  • Partizipation? ⇨ Wurde bei Gelegenheit aus dem Word-Dokument gelöscht.

Akt V: Das Gas im Lighting

Die Grenze zwischen „Du bildest dir da was ein“ und „Das hast du falsch verstanden“ war in der Rheinwerkstatt nie besonders dick.

Sie war eher durchlässig. Und wer lang genug darin atmete, begann irgendwann, an sich selbst zu zweifeln.

Heute nennen wir es beim Namen: 👇🏼 Gaslighting in der Rheinwerkstatt Boppard

Damals war es ein diffuses Gefühl:

  • dass die eigene Wahrnehmung irgendwie zu viel war,
  • dass das Schweigen der Leitung irgendwie normal sei,
  • dass ständige Ignoranz etwas mit uns zu tun haben müsse.

Applaus braucht keiner – aber Aufarbeitung schon

Wir schreiben das nicht aus Trotz. Wir schreiben es, weil es passiert ist. Und weil es anderen auch passiert.

In Werkstätten, in Einrichtungen, in Hilfssystemen, die Macht mit Wissen und Anspruch mit Anpassung verwechseln.

Unsere Geschichte mag wie eine Satire klingen. Aber sie ist echt. Und wir halten sie fest. Weil wir künftig möchten, dass andere nicht schweigen müssen.

Teile den Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert