– oder wie die Diakonie Verantwortung buchstabiert
Es gibt Dinge, die dauern einfach. Zum Beispiel: die Schöpfung. Oder die Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in der Diakonie.
🧏🏼 Kapitel 1: Wir hören euch – irgendwann
Seit etwa vier Monaten bitten wir die 👉🏼 Diakonie RWL, etwas zu tun, das auf ihrer Website klingt wie das tägliche Frühstücksgebet:
„Träger und Einrichtungen übernehmen die Verantwortung und arbeiten Vorkommnisse von sexualisierter Gewalt konsequent auf.“
Wir tun das jetzt, weil sich die 👉🏼 Rheinwerkstatt der Stiftung Bethesda seit Jahren in keiner Weise um irgendeine Aufarbeitung der Vorfälle aus den eigenen Reihen schert – und unser Schweigen offenbar bequemer fand als ihre Verantwortung.
In der Praxis bedeutet das bisher:
- Wir schreiben.
- Sie lesen vielleicht.
- Wir warten.
- Sie schweigen.
- Wir schreiben wieder.
- Und manchmal, wenn die Sterne günstig stehen, kommt eine freundliche Eingangsbestätigung.
Das nennt sich dann vermutlich: partizipative Aufarbeitung im diakonischen Zeitlupenmodus.
⏸️ Kapitel 2: Die hohe Kunst der heiligen Pausen
In der kirchlich-diakonischen Aufarbeitung gibt es eine stille Disziplin: das Aufschieben in Würde.
E-Mails dürfen gerne ein paar Wochen atmen, bevor sie eine Antwort finden.
Offiziell heißt das „Sorgfalt“.
Für uns fühlt es sich an wie Schweigen mit Kirchenfenstern.
Und jedes Mal, wenn wir denken: „Jetzt kommt Bewegung hinein“, legt sich ein feines Tuch der Verzögerung über den Vorgang – so still, dass man es fast für Teil der Liturgie halten könnte.
✝️ Kapitel 3: Öffentlich immer schon fertig aufgearbeitet
Auf der Website der Diakonie klingt das alles so:
„Alle Verantwortlichen müssen alles dafür tun, dass jegliche Erscheinungsformen von Gewalt und Machtmissbrauch verhindert werden können.“
Und wir?
Wir sitzen hier mit einer Chronik voller verschwundener E-Mails, verschobener Prüfungen und stiller Hoffnung auf unser Aufgeben.
Vielleicht ist das die neue Form der Aufarbeitung:
- Betroffene dokumentieren alles.
- Die Institution übt das Warten.
- Und am Ende wird Geduld als „Partizipation“ verkauft.

Die 👇🏼 ForuM-Studie (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen) wurde am 25. Januar 2024 veröffentlicht. Sie ist die bisher umfassendste unabhängige Untersuchung zu sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie.
Kernaussagen der Studie:
- Mindestens 2.225 Betroffene seit 1946 – Dunkelziffer deutlich höher.
- 1.259 mutmaßliche Täter und insgesamt 791 beschuldigte Personen in kirchlichen und diakonischen Kontexten.
- Systemisches Versagen: Schutz der Institution stand oft über dem Schutz der Betroffenen.
- Diakonische Einrichtungen wie Werkstätten für behinderte Menschen, Heime und Jugendhilfe gelten als besondere Risikokontexte, da dort besonders vulnerable Menschen abhängig von Mitarbeitenden waren.
Die Studie fordert verbindliche Aufarbeitung, Transparenz und die strukturelle Beteiligung von Betroffenen, um Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
🔗 Hier geht es zur offiziellen Veröffentlichung der ForuM-Studie: 👉🏼 forum-studie.de
🗣️ Kapitel 4: Die stille Botschaft
Nach außen:
„Wir arbeiten unabhängig, transparent und mit Betroffenenbeteiligung.“
Nach innen:
„Wenn wir nur lange genug schweigen, erledigt sich das von selbst.“
Doch hier kommt die Pointe, liebe Diakonie:
Wir haben nicht aufgehört zu schreiben.
Wir haben alles dokumentiert.
Und wir haben jetzt etwas, das keine Pressestelle wegschweigen kann:
Eine Chronik eurer systemischen Verweigerung – schwarz auf weiß.
📩 2. Mai 2025 – Formelle Beschwerde eingereicht
Mathias übermittelt eine detaillierte und sachlich begründete Beschwerde zu Missständen inklusive sexualisierter Gewalt in der Rheinwerkstatt Boppard an die Schlichtungsstelle der Diakonie RWL.
📩 5. Mai 2025 – Weiterleitung an das Beschwerdemanagement
Charlotte P. (Schlichtungsstelle) antwortet, man sei nicht zuständig, leite aber an die zuständige Juristin Frau H. im Zentrum Recht weiter.
📩 22. Mai 2025 – Erste Nachfrage wegen ausbleibender Rückmeldung
Mathias fragt bei Frau H. (Zentrum Recht) nach, da bislang keine Reaktion erfolgt ist.
📩 26. Mai 2025 – Eingang bestätigt
Das Beschwerdemanagement bestätigt den Eingang des Schreibens und kündigt eine baldige Rückmeldung an.
📩 14. Juni 2025 – Zweite Erinnerung
Mathias weist auf sechs Wochen ausbleibende inhaltliche Stellungnahme hin und bittet um Information zum Bearbeitungsstand.
📩 16. Juni 2025 – Schreiben angeblich verschwunden
Das Beschwerdemanagement teilt mit, das Schreiben sei „nicht mehr in unseren Postfächern“. Man solle es erneut einreichen.
📩 27. Juni 2025 – Antwort mit klarer Kritik
Mathias reagiert deutlich – aber sachlich – auf die Ausweichantwort und fordert zum dritten Mal eine konkrete Stellungnahme.
📩 9. Juli 2025 – Rückmeldung mit Umleitung
Die Diakonie RWL verweist auf die neue EKD-Anerkennungsrichtlinie (2026) und bietet an, Kontakt zur Einrichtung aufzunehmen – nach ausdrücklicher Einverständniserklärung.
📩 9. Juli 2025 – Einverständnis erteilt
Mathias und Janina erklären ihr schriftliches Einverständnis zur Kontaktaufnahme mit der Rheinwerkstatt Boppard.
📩 16. Juli 2025 – Kontakt zur Einrichtung aufgenommen
Die Diakonie teilt mit, dass man mit der Einrichtung Kontakt aufgenommen habe und sich nach Rückmeldung wieder melde.
📩 6. August 2025 – Weitere Verzögerung
Die Diakonie bittet um handschriftlich unterzeichnete Einverständniserklärung von Janina.
📩 8. August 2025 – Erklärung übermittelt
Die geforderte Erklärung wird übermittelt.
📩 27. August 2025 – Eingangsbestätigung
Der Erhalt von Janinas Einverständniserklärung wird nach über zwei Wochen per E-Mail bestätigt.
Seit der Einreichung unserer Beschwerde sind inzwischen fast vier Monate vergangen, ohne dass sich die Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe ein Mal nur ansatzweise inhaltlich zu unseren belegten Vorwürfen geäußert hätte.
Wenn das kirchliche Selbstverständnis in Broschüren klarer klingt als in E-Mail-Postfächern, dann wird Aufarbeitung zur Warteschleife.
Diese Chronik ist kein Angriff – sie ist das Protokoll eines Weges, den wir mit Ernst, Geduld und offenem Herzen begonnen haben.
Und an dessen Ende wir uns mehr wünschen als Schweigen im Namen der Diakonie: Verantwortung.
💬 Unser Schlusssatz
Wir lachen, weil wir sonst weinen würden. Und wir dokumentieren, weil Schweigen keine Option ist.