Wenn Worte predigen und Taten schweigen

Comic-Zeichnung von Pfarrer Rolf Stahl, Stiftungsratsvorsitzender der Stiftung Bethesda, mit Heiligenschein an der Kanzel. In der Sprechblase steht: „Macht über andere ist immer ein Eintrittstor für Unrecht und Gewalt.“

Ein Beitrag über Pfarrer Rolf Stahl, Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung Bethesda-St. Martin – und über das Schweigen einer Institution beim Thema sexualisierte Gewalt.

„Macht über andere ist immer ein Eintrittstor für Unrecht und Gewalt.“

  • Ein starkes Zitat.
  • Ein wichtiges Zitat.
  • Ein aufrichtiges Zitat – möchte man meinen.

Nur: Warum fühlt sich dann alles, was danach kam, an wie das Gegenteil?

📮 Teil 1: Ich schrieb ihm einen Brief

Am 23. Januar 2025 wandte ich mich an den Stiftungsrat der Einrichtung, in der meine Partnerin und ich jahrelang tätig waren.

Ich berichtete von Machtmissbrauch. Von institutionellem Versagen. Von sexualisierten Übergriffen – begangen von einem leitenden Mitarbeiter.

Ich berichtete sachlich. Ich dokumentierte präzise. Ich schrieb mit der Hoffnung: Vielleicht kommt da ein Satz. Ein echtes Zuhören.

Vielleicht kommt… Menschlichkeit.

📬 Teil 2: Er schrieb fünf Zeilen zurück

Am 28. Februar 2025 antwortete Pfarrer Rolf Stahl – Vorsitzender des Stiftungsrats.

  • Fünf Sätze.
  • Keine Rückfragen.
  • Keine Einladung zum Gespräch.
  • Keine Bezugnahme auf unsere konkrete Schilderung.

Nur: „Zuständige Behörden wurden informiert.“
Und: „Ihre Forderungen sehen wir als unbegründet an.“

Doch welche Behörden? Die nach Kirchengesetz zwingend zu informierende 👉🏼 FUVSSdie Fachstelle für sexualisierte Gewalt – wurde nicht benachrichtigt.

Bis heute nicht.

So einfach ist das offenbar mit der Macht. Man muss nur sagen: Wir haben reagiert. Und schon ist alles erledigt.

📭 Teil 3: Ich schrieb öffentlich zurück

Am 2. Juni 2025 verfasste ich einen offenen Brief.

  • Nicht wütend.
  • Nicht herablassend.
  • Nur enttäuscht.
  • Und ehrlich.

Ich fragte: Wie passt Ihre Predigt von Mitmenschlichkeit, Zuhören und Aufklärung zusammen mit der Reaktion auf unsere Geschichte?

Wo bleibt Ihre christliche Verantwortung, wenn es konkret wird?

Sehr geehrter Herr Pfarrer Stahl,

Sie sind Vorsitzender des Stiftungsrats der Bethesda-St. Martin gGmbH – der Einrichtung, in der meine Partnerin und ich über Jahre hinweg beschäftigt waren, in der wir Verantwortung übernommen, an uns gearbeitet und auf die Versprechen von Rehabilitation vertraut haben.

Sie sind nicht irgendwer. Sie stehen für Leitung, für Haltung, für Werte – und auch für eine Kirche, die sich auf die Heilkraft von Mitmenschlichkeit beruft.

Im Januar richtete ich ein Beschwerdeschreiben an den Stiftungsrat Ihrer Einrichtung. Ihre Rückmeldung kam in Ihrer Funktion als dessen Vorsitzender. Sie war höflich, knapp, sachlich. Und gleichzeitig für uns – besonders für meine Partnerin – zutiefst verletzend.

Ihre wenigen Sätze reichten aus, um klarzumachen: Es würde kein Gespräch geben, kein Innehalten, kein vertiefendes Interesse.

Kein „Ich verstehe, dass das schwer ist“, kein „Was Sie schildern, bewegt uns“. Nur Distanz.

Was meiner Partnerin in der Einrichtung widerfahren ist, hat sie nachhaltig geprägt. Der Umgang damit – oder vielmehr das Ausbleiben eines einfühlsamen, ernsthaften Umgangs – war für sie ebenso belastend wie das Geschehen selbst.

Auch dass ich mich heute für Aufarbeitung und Aufklärung einsetze, ist nicht zuletzt ein Ausdruck der Verantwortung, die ich aus unserer gemeinsamen Geschichte heraus empfinde.

Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich diesen Brief öffentlich machen soll. Aber manchmal wiegt das Schweigen schwerer als jeder Satz. Und das Gefühl, nicht gesehen zu werden – obwohl man sich in aller Verletzlichkeit zeigt – ist lähmend.

Was mich fassungslos macht: Bethesda bezieht sich in öffentlichen Verlautbarungen explizit auf biblische Werte. Auf Nächstenliebe. Auf die heilende Kraft von Gemeinschaft. Auf den Mut zur Wahrheit.

In einem YouTube-Interview betonen Sie, wie wichtig es sei, dass Betroffene gehört werden.

Wie passt das zusammen mit dem Schweigen, das uns entgegenschlägt? Mit der kühlen Abwehr, mit der unsere Fragen unbeantwortet bleiben?

Ich bin kein gläubiger Mensch im kirchlichen Sinne. Aber ich habe Achtung vor Werten, die der Glaube vermittelt.

Zu diesen Werten zählt auch die Fähigkeit, sich zu entschuldigen, wo man andere verletzt hat.

Diese Fähigkeit – so einfach, so menschlich – vermissen wir bis heute schmerzlich.

Meine Partnerin und ich haben keine Rache im Sinn. Wir suchen auch keine Bühne. Wir suchen Würde. Und vielleicht – ein wenig Heilung.

Dazu gehört nicht viel. Ein Gespräch. Eine Antwort. Ein Satz wie: „Es tut mir leid, was Sie erleben mussten.“

Ich frage mich – und frage Sie: Was macht es so schwer, diese Worte auszusprechen? Mit stiller Enttäuschung und dennoch ehrlicher Hoffnung,

Mathias
Inklusion by Müselmulm
Boppard, 02. Juni 2025

Die Antwort auf diesen offenen Brief? – Bis heute: Schweigen.

😇 Zwischen Anspruch und Realität

Da steht er also,
der Mann mit dem Heiligenschein im Video:

👉🏼 Pfarrer Stahlder Mahner gegen Machtmissbrauch. Der Warner vor strukturellem Unrecht. Der Prediger gegen Gewalt.

Und hier stehen wir:
Mit einer Geschichte, die gehört werden wollte. Mit Briefen, die unbeantwortet blieben. Mit einer Vergangenheit, die auf Aufarbeitung hoffte und einer Gegenwart, die uns lehrt: Worte sind billig. – Verantwortung nicht.

📌 Fazit

Wenn ein Pfarrer öffentlich gegen Machtmissbrauch predigt – aber auf Hinweise zu Machtmissbrauch in der Bethesda-Stiftung mit formalem Schweigen reagiert –

  • dann ist das kein Zufall.
  • Dann ist das eine Strategie.
  • Dann wirkt das wie 👇🏼 Heuchelei.
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