Eine persönliche Erfahrung mit Wertschätzung in der Behindertenhilfe – aus der Gruppe Werbetechnik der Rheinwerkstatt Boppard
Die Rheinwerkstatt Boppard versteht sich – laut Gesetzestext – als Ort der Förderung. Hier sollen Menschen mit Behinderung ihre Stärken entdecken, gefördert werden und, wenn möglich, den Sprung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen. 👉🏼 REHADAT – Lexikon zur beruflichen Teilhabe – Soweit die Theorie.
Wie ist es um die Wertschätzung in der Behindertenhilfe bestellt?
In der Praxis bekommt man manchmal eher das Gefühl, man habe aus Versehen in einer Casting-Show für Egomanie teilgenommen – ohne es zu merken. Die Jury: schweigsam. Die Bühne: besetzt. Der Applaus: bleibt aus. Und wie ist es um die Wertschätzung in der Behindertenhilfe bestellt?
Ich selbst arbeitete mehrere Jahre in der Abteilung Werbetechnik – mit echtem Herzblut, Kreativität und einem gestalterischen Gespür, das sich nicht hinter kommerziellen Agenturen verstecken muss. Veranstaltungen wie die jährlich stattfindenden Frühlingsfeste habe ich zum Beispiel visuell begleitet, mit Konzept, Farben, Ideen.
Nur leider war ich dabei – wie sagt man so schön – „nicht vorgesehen“. Statt Wertschätzung gab’s bestenfalls ein höfliches Schweigen. Im schlechteren Fall wurde meine Arbeit später als „Teamleistung der Werbetechnik“ verkauft – vom Gruppenleiter, der dabei hauptsächlich seine Kaffeetasse festhielt.
Ein besonders absurdes Beispiel von vielen: die Schlagergala 2023 – eine Benefizveranstaltung der Stiftung Bethesda für Opfer der Flutkatastrophe im Ahrtal. Ich reichte, nachdem man mir den Auftrag hierzu erteilt hatte, einen Entwurf ein, der farblich stimmte, leserlich war und sogar Lust aufs Kommen machte. Der Gruppenleiter reichte auch einen Entwurf ein – und gewann.
Sein Plakat war… nun ja, sagen wir: nostalgisch. Es erinnerte entfernt an ein Werbeblatt aus den frühen 90ern, entworfen unter der Einflussnahme von Textmarkern. Der Entscheidungssatz: „Wir nehmen das hier.“ Kurz und schmerzhaft.
Natürlich fragt man sich irgendwann: Warum eigentlich? Warum fragt man uns nach Ideen, wenn die Schublade vom Gruppenleiter eh schon offen steht? Warum täuscht man Teilhabe nur an – um dann im entscheidenden Moment die Klappe wieder zuzumachen?
Ich habe viele solcher Momente erlebt – und ich weiß, ich bin damit nicht allein.
Fortsetzung folgt.
- Vielleicht mit der Geschichte, wie ein Frühlingsfest-Plakat von mir plötzlich mit anderem Namen „signiert“ wurde.
- Oder wie die Google-Bildersuche zur offiziellen Designabteilung befördert wurde.
- Oder wie sich ein SUV im Hof der Werkstatt plötzlich wichtiger fühlte als ein Parkplatz für Klienten, für Menschen mit Behinderung.
Man muss eben Prioritäten setzen.
Und in der Rheinwerkstatt war Wertschätzung offenbar immer ein bisschen… außer Betrieb.